Vor einigen Tagen erhielt ich eine Anfrage von Sven de Vries, hauptberuflicher Wanderschäfer, mit der Bitte, seinen Stellenmarkt für Schäfer in meinen Jobportal Listen aufzunehmen.

Wenn er geahnt hätte, welche offene Türen er damit bei mir einrennt!

Tja, auch ein Web-Junkie wird irgendwann mal (vor allem bei sonnigem Wetter) des Internets überdrüssig. Genau in diesen Momenten habe ich mich schon öfter gefragt, wie es denn wäre, als Schäferin in der freien Natur Schafe zu hüten.

Also habe ich Sven jede Menge Fragen zurückgeschickt, die er mir allesamt beantwortet hat. Sogar diejenige, ob ich im Sommer eine Woche hospitieren darf. Allerdings ist da schon alles besetzt, und eine Woche wäre etwas zu kurz, meinte er. Im Winter könnte ich aber gerne dabei sein – nur da brummt bei mir arbeitsmäßig der Bär (abgesehen davon, dass es draußen eisig kalt ist…).

Nachdem ich jetzt fast alles über den Schäferberuf weiß, bin ich mir nicht mehr so sicher, ob mein nach-internetlicher Berufswunsch nicht doch eher eine Träumerei bleibt.

weinberg-ortenau-schloss_ortenberg_350Aber als eingeschworenes Landei mit nostalgischen Kindheitserinnerungen, die Aktivitäten wie auf Obstbäumen herumklettern, Straßenolympiaden veranstalten, durch Mais- und Weizenfelder streifen, (meistens) erfolglos Eidechsen jagen und in Weinbergen biken beinhalten, werde ich zu gegebener Zeit bestimmt eine passende Alternative finden!

Oder ich werde eben lebenslange Schäferei-Praktikantin, die sich vor einigen Dingen drücken kann…

Los geht’s – hier die Fragen an und die Antworten von Sven de Vries:

 

Wie heißt Dein Unternehmen?

 

Ich habe keinen Unternehmensnamen. Meine Projekte laufen alle unter meinem Namen. So habe ich den Vorteil als Mensch wahrgenommen zu werden und kann mir eine Reputation aufbauen. Ich werde ohnehin nie mit Angstellten arbeiten, ich habe ja bereits einen Beruf.

 

Wie heißt Dein Jobportal bzw. Ihre Plattform und wie lautet der Link dazu?

 

Das Ganze läuft einfach unter dem Namen “Stellenmarkt für Schäfer“.

Namen wie Monster oder StepStone eignen sich gut, um sich aus einer breiten Masse von Konkurrenten abzuheben. Ich habe keine Konkurrenz, deshalb schien mir das am geeignetsten. Google gibt mir inzwischen recht. Es wird viel direkt nach dem Stellenmarkt gesucht, und da konnte ich mich klar von Anfang an oben platzieren.

 

Wann hast Du die Seite gestartet?

 

Die Idee ist bereits im Sommer 2011 entstanden. Seit Mai 2012 bin ich Online.

 

schaefer-stellenmarkt-logoHTML- oder Textanzeigen?

 

Das Projekt ist so klein, dass ich da flexibel bin. Wir können gemeinsam entscheiden, was am günstigsten ist.

 

Welche Reichweitenprodukte gibt es?

 

Es gibt einen kleinen aber feinen Newsletter mit Benachrichtigungen bei neue Stellenanzeigen. Das besondere ist, dass ich den Button zum abbestellen sehr prominent noch vor dem Inhalt platziert habe. So habe ich Öffnungsraten von über 80% und spare mir die Pflege des Ganzen.

 

Was ist das Geschäftsmodell? Wodurch wird am meisten Umsatz erzielt?

 

Sponsoring. Viele ältere Schäfer stehen dem Internet argwöhnisch gegenüber. Ein Bezahlmodell hätte nicht funktioniert. Nachdem sich das Ganze durchgesetzt hatte, waren viele aber sofort bereit, sich bei ihren Schafzuchtverbänden für ein Sponsoring einzusetzen. Das Sponsoring ist die einzige Einnahmequelle. So kann ich aber planen und weiß, welche Mittel mir für das Projekt zur Verfügung stehen.

 

Was ist das Alleinstellungsmerkmal der Jobbörse?

 

Nun, es gibt keine weitere Jobbörse nur für Schäfer. Außerdem läuft alles sehr familiär und ich bin stets der persönliche Ansprechpartner. Dadurch konnte ich bereits zwei Leute finden, die bereit sind, mir bei der Übersetzung in andere Sprachen zu helfen.

 

Wie bist Du auf die Idee gekommen, ein Jobportal für Schäfer zu starten?

 

svendevries-schaeferIch hatte dadurch, dass mir das Internet vertraut ist, nie Probleme, dort Praktikanten für unsere Schäferei zu finden. Für Andere ist das schwieriger. Ich wollte einfach eine Anlaufstelle für Schäfer und alles so einfach wie möglich gestalten. Deshalb habe ich mich selbst an die Sache gesetzt.

 

Inwieweit besteht Bedarf an einem solchen Stellenmarkt?

 

Bei den Schäfern war der Bedarf groß und viele kennen den Stellenmarkt inzwischen. Natürlich ist diese Gruppe klein, aber es war ja auch nie Ziel, davon zu leben.

 

Welche Firmen inserieren bei Dir?

 

Neben einigen Verbänden gibt es einen Hersteller für eine Herdenmanagements-Software, der aber einfach das Projekt unterstützen wollte. Für Online-Shops ist das Projekt, glaube ich, weniger interessant, da diese ihren Umsatz hauptsächlich mit Hobby- und Nebenerwebs-Schafhaltern erzielen. Deshalb habe ich mich auch nicht bemüht, jemanden zu finden.

 

Wie betreibst Du Marketing für Dein Jobportal?

 

Ich bin vor allem in den sozialen Netzwerken aktiv für den Stellenmarkt: Facebook, Twitter, WhatsApp. Seit kurzem, versuche ich ein Linkbuilding. Ich nutze dabei meinen Beruf als Wanderschäfer, um Aufmerksamkeit zu erzeugen. Vor allem Blogger haben stets Bedarf an neuen Themen und so wäscht eine Hand die Andere.

 

Was gefällt Dir am besten an Deinem Job als Wanderschäfer?

 

Ich arbeite in der freien Natur, habe eine verantwortungsvolle Aufgabe, und die Schäferei vermag mich auszufüllen. Sicher ist das kein Beruf für jedermann, aber für mich genau das richtige.

 

Wie lohnt es sich, als Schäfer zu arbeiten?

 

Es lohnt sich vor allem in einem Beruf zu arbeiten, der einem Freude macht. Finanziell ist die Schäferei mehr als uninteressant. Wenn man aber etwas gefunden hat, das den persönlichen Interessen und Talenten entspricht, fällt es einem leichter, sich gegen einen Beruf zu entscheiden, der einem vielleicht irgendwann nen Haufen Geld einbringt.

 

Hast Du Tipps für die Leute, die sich mit dem Gedanken tragen, als Schafhüter arbeiten zu wollen (geht das eigentlich auch interimsmäßig oder als eine Art “Sabbatical”)?

 

Nun, es gibt einen Stellenmarkt für Schäfer, wenn ich mich nicht irre 😉

Dort kann man nach einem Praktikumsplatz suchen oder selbst inserieren. Man sollte sich unbedingt vorher ein Bild vom Beruf machen, da sich die Erwartungen häufig stark von der Realität unterscheiden. Wenn man sich nicht allzu dumm anstellt, kann man den oder die SchäferIn vielleicht auch überzeugen, für länger bleiben zu können. Aber Vorsicht, ist man erstmal von der Schäferei infiziert, ist es schwierig davon wieder loszukommen.

 

Wie sieht eigentlich so ein typischer (wenn’s das gibt) Tagesablauf eines Schäfers aus?

 

Das ist sehr unterschiedlich. Im Augenblick stehe ich morgens auf und fahre zu meinen Schafen. Ich schaue mir die möglichen Weideplätze an und suche nach Wegen, die wir laufen können. Anschließend laufe ich mit den Mädels los und wir sind den Tag über unterwegs. Abends sperre ich meine Herde dann in einen Elektrozaun und fahre nach Hause.

 

Und welche Fähigkeiten / Eigenschften, etc. sollte man mitbringen, wenn man Schäfer werden möchte?

 

Wir schaffen 10 bis 16 Stunden täglich, 7 Tage die Woche, oft 365 Tage im Jahr und sind die meiste Zeit allein mit Schafen und Hunden unterwegs. Man muss also hart arbeiten und allein sein können das alles bei minimalem Monatslohn. Anerkennung gibt es dafür wenig und krank melden kann ich mich auch nicht. Man muss also vor allem Liebe für den Beruf und den nötigen Biss mitbringen.

Langfristig sollte man eine Ausbildung zu machen. Wir sind nicht nur die Hirten der Herde, sondern auch Tierärzte und Hebammen, müssen Traktor fahren und mit landwirtschaftlichen Maschinen umgehen können.

 

Vielen Dank!

 

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